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Johann Reinhard III. von Hanau-Lichtenberg

Johann Heinrich Appelius, 1733 (Ausschnitt)

Historisches Museum Hanau Schloss Philippsruhe / Hanauer Geschichtsverein 1844 e.V.

„Lebt denn der alte Holzmichel noch?“ Den Gassenhauer der Volksmusikgruppe Randfichten dürften viele kennen. Dass die Melodie eigentlich aus dem 18. Jahrhundert stammt und dem letzten Hanauer Grafen gewidmet war, ist wohl weniger bekannt. Und wenn „man“ sich damals die Rechte auf „Lebt denn der alte Hanauer noch?“ gesichert hätte, könnten aus den Tantiemen heute viele hundert Exponate der Hanauer Museumssammlungen top renoviert werden…

Im Ernst: der „alte Holzmichel“ ist in Wahrheit der „alte Hanauer“ Johann Reinhard III. von Hanau-Lichtenberg. Er brauchte mehrere Anläufe in den Himmel aufzusteigen, Diener- und Bürgerschaft, diplomatische und notarielle Vertreter der Erben wurden zu mehreren letzten Atemzügen gerufen, „der Alte“ berappelte sich aber immer wieder. Am 28. März 1736 war es dann soweit. Johann Reinhard starb ohne männliche Nachkommen auf Schloss Philippsruhe, so dass laut Erbvertrag von 1643 die Grafschaft Hanau-Münzenberg nach Hessen-Kassel, die Grafschaft Hanau-Lichtenberg nach Hessen-Darmstadt kam.

Johann Reinhard wurde am 1.8.1665 in Bischofsheim am hohen Steg (heute Rheinbischofsheim) im Hanauerland geboren und war mit Dorothea Friederike Markgräfin von Brandenburg-Ansbach (1676-1731) verheiratet. Mit seinem Bruder Philipp Reinhard machte er mehrere Kavallierstouren und Studienreisen durch Italien, Frankreich, England, Böhmen und Österreich. Als Nachfolger auf dem Grafenstuhl von Hanau-Lichtenberg ab 1712 vollendete er die Baumaßnahmen zu Schloss Philippsruhe samt Orangerie, ließ das Regierungsgebäude am Schlossplatz, das Neustädter Rathaus, das Frankfurter Tor, die Fasanerie Wilhelmsbad, den Hanauer Hof in Straßburg (heute altes Rathaus) und das Jagdschlösschen Wolfgang (heute Forstamt) errichten. Auch führte er die Straßenbeleuchtung in Hanau ein, ließ die Kastanienallee pflanzen und förderte die lutherischen Gemeinden in seiner Grafschaft, darunter den Kirchbau von Kesselstadt 1734 mit Schulstube und Schulmeisterwohnung, nach ihm Reinhardskirche benannt (heute Bürgerhaus).

Das Gemälde im Roten Saal von Schloss Philippsruhe hing ursprünglich im Neustädter Rathaus am Marktplatz, das 1733 fertiggestellt wurde. Es zeigt Johann Reinhard als „Ritter vom Schwarzen Adler-Orden“, dem höchsten preußischen Orden, der durch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg 1701 gestiftet wurde.

Dass damals nur männliche Nachfolger „zählten“, ist heute noch ungerecht. Der Hanauer Historiker Ernst Julius Zimmermann führte 1919 aus: „Das Grafenpaar einzige Tochter war Charlotte, die den Landgrafen Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt heiratete. Ihr Sohn ist Ludwig IX. Die älteste Tochter Ludwigs IX. Friederike heiratete Friedrich Wilhelm II., König von Preußen. Die jüngste Tochter Ludwigs IX., Luise, heiratete Karl August, Herzog von Weimar, deren Enkelin wiederum Kaiserin Augusta ist. Auch Königin Luise von Preußen stammt aus hanauischem Grafenhause. Ludwigs VIII. und Charlottes Enkelin, eine Tochter von Georg von Hessen, heiratete den Großherzog von Mecklenburg-Strelitz und war die Mutter der Königin Luise.“ Das Hanauer Grafenhaus starb also nicht aus, sondern lebte bis ins Kaiserhaus fort.

 

Johann ReinhardGraf Johann Reinhard III. von Hanau-Lichtenberg, Ölgemälde von Johann Heinrich Appelius, 1733
(© Historisches Museum Hanau Schloss Philippsruhe / Hanauer Geschichtsverein 1844 e.V.)