Deutschlands älteste Quittung
Bruchstück eines hölzernen Schreibtäfelchens aus Weißtanne mit Tintenschrift (Eisengallus-Tinte)
10 x 4 cm
datiert auf den 5. April 130 n. Christus
Hanauer Geschichtsverein 1844 e.V. / Museum Schloss Steinheim
Es war und ist eine Sensation, die 1997 in Hanau-Kesselstadt zu Tage trat. Im Rahmen von Ausgrabungen auf dem römischen Vicus Salisberg entdeckte Peter Jüngling von der AG Archäologische Denkmalpflege des Hanauer Geschichtsvereins im Grundwasserbereich eines Brunnens ein kleines Holzstück. Nach Reinigung und Infrarotaufnahmen des Hessischen Landeskriminalamtes entpuppte es sich wenig später als älteste auf den Tag genau datierte Quittung Deutschlands. Die Restaurierung erfolgte im Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz. Der noch gut lesbare Text in Latein lautet in der Übersetzung: „In Mainz, in A(?) v(ico?), habe ich erhalten 200 (?) Denare an den Nonen des April als Catullinus und Aper Konsuln waren“ = der 5. April 130 n. Christus. 200 Denare entsprechen dem Jahresgehalt eines Soldaten.
Wie an den erhaltenen Rändern des Holztäfelchens erkennbar ist, war der Schriftträger ursprünglich als Wachstäfelchen mit rundum laufenden Randleisten hergestellt worden. Texte wurden mit einem Griffel in Wachs gekratzt. Mit dem Erwärmen des Wachses verschwand der Text und die Schreibunterlage konnte wieder neu benutzt werden.
In zweiter recycleter Verwendung diente das Holztäfelchen vermutlich als Warenanhänger. Davon zeugt der Rest eines (Besitzer)Brandstempels „M.“ Es ist anzunehmen, dass der Buchstabe M für den Vornamen Marcus steht.
Der mit Tinte geschriebene Quittungstext ist demnach die dritte und letzte Verwendung gewesen. Vom ursprünglichen Täfelchen ist nur ein Drittel erhalten. Auf dem verlorenen Rest standen vermutlich die Namen der beteiligten Personen und eventuell weitere Angaben, z.B. zum Gegenstand der Zahlung.
Das Schreibtäfelchen wurde als Leihgabe des Hanauer Geschichtsvereins 1844 e.V. in verschiedenen Sonderausstellungen in Deutschland und der Schweiz präsentiert. 2018 kehrte es in das Regionalmuseum für Archäologie und Stadtgeschichte Steinheim, das Museum Schloss Steinheim, zurück. Die Quittung ist neben vielen anderen archäologischen Funden, u. a. dem ebenfalls am Salisberg in den 1990er Jahren entdeckten römischen Münzschatz mit rd. 300 Denaren und Silberlingen in der Dauerausstellung zu sehen. Die „römische Schreibwerkstatt“ im museumspädagogischen Programm lässt kleine und große Besucher/innen in die Geheimnisse der Schriftkunst von damals eintauchen. Das Museum hat normalerweise samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Vom römischen Vicus hat sich bis heute das Römerbad auf dem Kesselstädter Friedhof erhalten.