Wasserturm
Der Wasserturm an der Darmstädter Straße prägt die Silhouette Steinheims bis weit in die Region. Tausende von Autofahrerinnen und Autofahrern bewegen ihre Wagen täglich auf der B 43a an ihm vorbei. Aber wie sieht der mächtige im Grün stehende Klotz eigentlich „untenherum“ aus? Das Foto gibt Auskunft. Von seinem Fuß kann man übrigens wunderbar durch das Hellental zur Alten Fasanerie Klein-Auheim wandern.
Gebaut wurde das Wasserreservoir aus Steinheimer Bruchsteinbasalt von 1936 bis 1938, Architekt war Prof. Dipl. Ing. Erich Mindner (Breslau 1895–1939 Darmstadt). Mit seinen aufgestockten Rundbogennischen in Ziegelbauweise ist das 49 Meter hohe Gebäude eines der wenigen Reste nationalsozialistischer Monumental- und Machtarchitektur in Hanau. Er steht heute unter Denkmalschutz. Erich Mindner trat 1933 der NSDAP bei und erhielt im gleichen Jahr die Professur für Baukunst an der Technischen Hochschule Darmstadt. Er war u.a. Denkmalpfleger der Provinz Starkenburg (zu der damals auch Steinheim gehörte), Mitglied des hessischen Denkmalrats, Leiter der Adolf-Hitler-Bauschule in Mainz (heute Hochschule Mainz) und Teilhaber der Architekturabteilung der Bauunternehmung Philipp Holzmann.
„Der Steinheimer Gastwirt Franz Ewald (1876–1949), der während der Kriegsjahre die Aufgaben eines Wassermeisters innehatte, bewahrte den Turm im März 1945 vor einer Sprengung durch die Wehrmacht. Diese war geplant, um den Einmarsch der US-Truppen zu erschweren. Bis 1978 war der an mittelalterliche Wehrtürme erinnernde Wasserturm von einem schmiedeeisernen Adler bekrönt“, informiert eine Tafel der Route der Industriekultur der KulturRegion FrankfurtRheinMain.
Der Turm sollte im Zuge des „Nero-Befehls“ von Hitler fallen. Im Innern lagerten Möbel und Aggregate für Flugzeuge. Ewalds Enkel Winfried bestätigte in einem Beitrag für die „Kleinen Beiträge zur Steinheimer Geschichte 2002“, dass sein Großvater mit ihm etwa acht Tage vor dem Einmarsch der US-Army nachts im Innern des Gebäudes verlegte rote Sprengkabel kappte und mitnahm. Die Familie nutzte sie nach dem Krieg als Wäscheleine, das Rot von zwei Hakenkreuzfahnen wurde zu Kittelschürzen verarbeitet. Ewalds betrieben die Gastwirtschaft „Zur Stadt Frankfurt“ in der Friedhofstraße 7, heute Zeppelinstraße.
Steinheim erhielt erst 1936 ein Leitungsnetz für die Wasserversorgung. Der Turm fasst rd. 600 Kubikmeter und dient noch heute als Trink- und Löschwasserreservoir.
Text: Martin Hoppe
Steinheimer Wasserturm (© Fachbereich Kultur, Stadtidentität und Internationale Beziehungen der Stadt Hanau, Aufnahme: Martin Hoppe)