Objekt der Woche

Dreißigjähriger Krieg oder Bauernkrieg?

In der Pionier-Kaserne Wolfgang hing seit den 1930er Jahren das riesige Ölgemälde „Belagerung von Hanau“. Es wurde beim Abzug der US-Army 1997 gesichert, restauriert und lange Jahre im Café Schien präsentiert. Heute ist es in einem Depot der Städtischen Museen Hanau sicher untergebracht.

Gemalt hat es 1936, im Auftrag der Deutschen Wehrmacht, Hermann Kohlbecher. Das Mitglied der Frankfurter Künstlergesellschaft wurde 1897 im Elsaß geboren und starb 1978 in Frankfurt am Main. Er erhielt mehrere Aufträge zur Ausmalung von Offiziers-Kasinos und Kasernen im Rhein-Main-Gebiet und war im Zweiten Weltkrieg als Soldat der Flugabwehr eingesetzt.

Malen konnte Kohlbecher, nur bei der historischen Einordnung seiner Protagonisten auf dem Gemälde hat er sich schlicht vertan. Die Stadtsilhouette Hanaus passt zur Belagerung Lamboys im Dreißigjährigen Krieg – der Entsatz 1636 als Anlass für das Lamboyfest, das wir um den 13. Juni in der Altstadt feiern (siehe OdW #010 und OdW #064). Die um Hanau dargestellten Soldaten tragen aber Kleidung aus der Zeit der Bauernkriege von 1525 – vor 500 Jahren, im Zeitalter der Reformation. Die „Revolution des Gemeinen Mannes“ („Zwölf Artikel der Bauernschaft“ vom 19. März 1525) wurde getragen von Männern, die ein Gewerbe, eine Schmiede oder einen Bauernhof betrieben. Landarbeiter zählten kaum dazu. Die Frauen kümmerten sich derweil um die Felder und Familien. Der Bauernkrieg gilt bis zur Französischen Revolution in West- und Mitteleuropa als bedeutendste Erhebung. Wobei am Ende nicht die „Bauern“ Krieg führten, eher schlugen die „Herren“ die Bauern nieder. Götz von Berlichingen ist einer der prominentesten „Haudegen“ der Epoche. In Hanau blieb es ruhig.

Vielleicht wollte Hermann Kohlbecher dokumentieren, dass „Krieg zeitlos“ ist? Die Interpretation scheint drei Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkriegs aber eher unwahrscheinlich. Auch heute „verheddern“ sich Zeitgenossinnen und Zeitgenossen leider immer wieder bei der Darstellung historischer Ereignisse ...

Text: Martin Hoppe