hu logo lang 400px sw

#276

August Rühl

Dieser Tage sind es genau 175 Jahre her, dass einer der profiliertesten hanauer und hessischen Persönlichkeiten gestorben ist: August Rühl, Oberbürgermeister von 1848 bis 1850 und Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung 1848/1849.

Johann Adam August Rühl kam am 19. Februar 1815 in Hanau zur Welt, als Sohn des Kantors und Realschullehrers Friedrich Wilhelm Rühl und Maria Petronella, geb. Schlappig. Nach dem Besuch der Hohen Landesschule studierte er von 1832 bis 1837 Rechtswissenschaften in Marburg und Heidelberg und trat in den Vorbereitungsdienst am Landgericht Hanau ein. 1838 wechselte er als kaufmännischer Angestellter und Teilhaber an die Tabakfabrik von Pedro Jung und Gertraude Hosse (siehe OdW #107), 1843 in die Selbstständigkeit. Aus der 1844 geschlossenen Ehe mit Fanny Josephine Georgine Natalie, geb. Weigel, gingen zwei Söhne hervor: Franz (1845–1915), der 1881 erfolglos als Reichstagsabgeordneter für Hanau kandidierte und Professor für Alte Geschichte in Königsberg war, und August (1850-1910), der 1871 als Soldat in Frankreich kämpfte, später Kaufmann in Köln wie Düsseldorf.

Überregionale Bedeutung erlangte August Rühl sen. durch sein politisches Engagement. Im Februar 1848 gehörte er zu den maßgeblichen Verfassern des Hanauer Ultimatums an den hessischen Kurfürsten (siehe OdW #154), dessen Annahme er nach Rückkehr der Deputation aus Kassel am 12. März 1848 vom Balkon des Neustädter Rathauses verkündete.

Als Nachfolger von Bernhard Eberhard (siehe OdW #001), der Innenminister der kurhessischen Märzregierung wurde, avancierte er zum Hanauer Oberbürgermeister und erhielt auch bei der Wahl zum Paulskirchenparlament eine überwältigende Mehrheit (9.877 von 11.605 Stimmen im Wahlbezirk Hanau). In der Nationalversammlung gehörte er zunächst zur Fraktion „Deutscher Hof“ unter Leitung von Robert Blum, dann zu den „Donnersbergern“ unter Arnold Ruge (die Fraktionen benannten sich nach den Hotels in der Frankfurter Innenstadt, wo die Abgeordneten tagten) und später zum Central-Märzverein.

Seine Mitgliedskarte zur „berathenden Versammlung im Kaisersaal Frankfurt“ hat sich in der Ziegler´schen Chronik erhalten. Im Präsidium der Nationalversammlung unter Heinrich von Gagern übernahm Rühl die Funktion eines Sekretärs. Als redegewandter „Linker“ votierte er gegen ein preußisches Erbkaisertum und gegen Erzherzog Johann als Reichsverweser, im Rumpfparlament von 1849 kämpfte er für die Durchsetzung der Paulskirchenverfassung.

Nach dem Ende der Revolution hätte Rühl als Abgeordneter in das Erfurter Unionsparlament oder in die kurhessische Ständeversammlung einziehen können, lehnte aber ab, um sich stärker als Hanauer Oberbürgermeister zu engagieren. In seine turbulente Amtszeit fielen u.a. der erste Deutsche Turntag in der Wallonisch-Niederländischen Kirche und die Eröffnung der Eisenbahnlinie Frankfurt-Hanau. 1849 wurde Rühl Mitglied im Verein zur Stützung und Hebung der demokratischen Presse, 1850 nahm er an einem Demokratenkongress in der Schweiz teil.

August Rühl starb mit nur 35 Jahren am 20. Juli 1850 während eines Kuraufenthaltes in Bad Arolsen an den Folgen eines Reitunfalls – seitdem hat man keinen Hanauer Oberbürgermeister mehr auf einem Pferd sitzen sehen …

Text: Martin Hoppe

 

Bildnis von August Rühl nach einer Lithografie von Valentin Schertle, gedruckt bei Eduard Gustav May in Frankfurt am Main, 1848 (© Städtische Museen Hanau, Reproduktion: Martin Hoppe)